ETCS - European Train Control System

Was ist ETCS?

ETCS = European Train Control System), deutsch = Europäisches Zugbeeinflussungssystem. Es soll mittelfristig die 20 in den europäischen Ländern unterschiedlichen nationalen Zugbeeinflussungssysteme durch einen europäischen Standard ersetzen, dies insbesondere um den internationalen Eisenbahnverkehr in Europa zu vereinfachen. Es ist also sozusagen das System der Zukunft.
Der Ausbaustand von ETCS ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Die Länder, die viel internationalen Verkehr haben, z.B. die Schweiz, die schon früh damit angefangen hat und bereits einiges Lehrgeld bezahlen musste, sind schon sehr viel weiter als Deutschland, in dem erst sehr wenige Strecken mit ETCS ausgerüstet sind, u.a. die Neubaustrecke Erlangen-Erfurt auf der Relation München-Berlin.
Es gibt verschiedene ETCS Implementierungen (Levels), Level 0, 1, 2 und 3. Dazu →Wikipedia. In Deutschland steigt man erst mit Level 2 ein und möchte bei der S-Bahn Stuttgart sehr bald teilautomatisierten Betrieb (ATO GOA2) einführen, bei dem der Lokführer zwar anwesend ist, aber nur noch den Fahrgastwechsel und die Türschließung überwacht und dann einen Startbefehl abgibt. Danach übernimmt ETCS die Steuerung (Anfahren, Geschwindigkeit, Bremsen), wobei der Lok- bzw. Triebfahrzeigführer bei Bedarf jederzeit in das Geschehen eingreifen kann.

Was ist ETCS nicht?

ETCS ist kein Mittel um die Verkehrsleistung zu erhöhen und ist auch nicht wie von vielen Politikern fälschlicherweise angenommen, sozusagen der Heilsbringer zur Lösung aller drängenden Pünktlichkeits- und Kapazitätsprobleme. Um die zu lösen ist ein Infrastruktuausbau des Schienennetzes erforderlich, das heißt in erster Linie mehr Gleise um Mischverkehrsstrecken zu vermeiden oder stark belastete und verspätungsanfällige Strecken zu entlasten.

Vorteile von ETCS

Schaffung einer internationalen Interoperabilität der heterogenen Zugbeeinflussungssysteme innerhalb Europas.
Die Streckenausrüstung ist relativ preiswert. Sie besteht lediglich aus Balisen (Signalgeber im Gleis) ohne eigene Stromversorgung und Verkabelung. Die Fahrzeugausrüstung übernimmt die Baliseninformation beim Überfahren der Balise mittels eines Balisenlesers. Die Kommunikation mit dem Stellwerk erfolgt fahrzeugseitig über Funk. Die heute bei PZB  (Punktförmige Zugbeeinflussung) festgelegten Messpunkte durch verkabelte Gleismagnete und Lichtsignale können nur durch hohen finanziellen Aufwand erweitert werden um z.B. kürzere Blockabstände zu erreichen, was insbesondere bei der Ein- und Ausfahrt in/von Bahnhöfen von Vorteil sein kann. 
Die in Deutschland noch weit verbreitete punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) ist nur für Geschwindigkeiten bis maximal 160 km/h zugelassen. Für höhere Geschwindigkeiten (Schnellfahr- und Hochgeschwindigkeitsstrecken) sind kontinuierliche Beeinflussungssysteme wie die deutsche Linienzugbeeeinflussung (LZB) oder eben ETCS vorgeschrieben, das ähnliche Eigenschaften aufweist. Für Neubaustrecken wird LZB demnächst nicht mehr zugelassen, sondern es ist zwingend ETCS vorgeschrieben.

Nachteile/Probleme von ETCS

Das Hauptproblem ist die sog. Odometrie, d.h. die exakte Bestimmung, wo sich ein Zug im Augenblick genau befindet und wie schnell er gerade fährt. Da die Bestimmung die ETCS-Fahrzeugausrüstung z.B. durch Zählung der Radumdrehungen selbst vornimmt, sind Fehler möglich (z.B. ungenaue oder gar falsche Hinterlegung des Raddurchmessers, Verlust der Gleisreibung bei schmierigen Schienen). 
Die Bremskurven müssen strenger als bei herkömmlichen Zugbeeinflussungssystemen mit Lokführerbetrieb sein um das Bremsvermögen unter allen Umständen, z.B. wetterbedingt oder vom Zustand der Bremsen sicherzustellen.
Die fehlerfreie Implementierung kann nicht von heute auf morgen vorgenommen werden, sondern es sind wie in der Schweiz Rückschläge zu erwarten. Es sollte allerdings fairerweise erwähnt werden, dass es auch bei konventioneller Signalisierung schon viele schwere Eisenbahnunfälle gegeben hat.


Literatur (Auswahl)