Pressemitteilung: Kommentar der Ingenieure22 zum Interview von Christian Milankovic (Stuttgarter Nachrichten) mit Rüdiger Weiß (DB Netz Südwest) in den StN vom 9.9.2020: „Wir brauchen keine Zusatzstation"

Pressemitteilung der Ingenieure22 vom 16.09.2020

Unser Kommentar zum Interview von Christian Milankovic (Stuttgarter Nachrichten) mit Rüdiger Weiß (DB Netz Südwest) in den StN vom 9.9.2020: „Wir brauchen keine Zusatzstation"

Die DB sorgt mit Stuttgart 21 schon immer für Irritationen, so auch Rüdiger Weiß, Fahrplanchef der DB Netz Südwest. Das kürzlich in den Stuttgarter Nachrichten publizierte Interview mit ihm lässt bei der Gruppe Ingenieure22, die sich seit Jahren kritisch mit dem Vorhaben S21 befasst, Zweifel aufkommen, ob er versteht, worauf sich die Forderung nach einer Zusatzstation, also einem zusätzlichen oder einem verbleibenden Rest des Kopfbahnhofs wirklich gründet. Vorneweg: Die Notwendigkeit einer Zusatzstation kann sicherlich nicht aus der zeitlichen „Froschperspektive“ eines Fahrplans für 2026, sondern allenfalls aus der langfristigen Perspektive auf den Bahnbetrieb der nächsten fünf bis acht Jahrzehnte beurteilt werden.

Rüdiger Weiß hätte sich besser erspart, in seinem Interview einfach die bekannten offiziellen Lobpreisungen zu S21 zu wiederholen. So bringt er sich selbst in Zugzwang, wenn er z. B. sagt, „S21 ermöglicht die Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030 – und das bereits ohne Digitalisierung“. Dass dies geht, muss er durch ein schlüssiges Fahrplankonzept nachweisen, das den Weg zur Verdoppelung der Fahrgäste bis 2030 klar aufzeigt und auch die lange Lebenszeit des neuen Bahnknotens danach im Auge behält. Klaus Wößner von der Gruppe Ingenieure22 sagt: „Die Bahn hat darzulegen, wie sie selbst ihr Angebot ausweiten und attraktiv machen kann, um so viele neue Nutzer zum Bahnfahren zu bewegen. Und frühestens dann gibt es eine Grundlage, über eine Zusatzstation sachgerecht und nicht nach eingefahrener „S21-Ideologie“ zu entscheiden.“ Wie viele Regionalzüge das Land genau für den Jahresfahrplan 2026 „bestellen“ wird, ist für das Konzept übrigens nebensächlich.

Selbstverständlich hat die Zusatzstation auch eine wesentliche Bedeutung für die Absicherung des S-Bahnbetriebs. Rüdiger Weiß hat zwar durchaus Recht, dass „ein Notfallkonzept nie ein Eins-zu-eins-Ersatz für den Regelbetrieb sein kann". Allerdings geht es bei Überlegungen zu Ausweichmöglichkeiten für die S-Bahn bestimmt nicht um die Begriffsklärung zu Störfallkonzepten und die Interpretation von Zahlen, sondern um die Berücksichtigung aller Fakten und bekannter Anforderungen bei Störungen und Zugumleitungen. Das sind beileibe nicht nur bedauerliche Personenunfälle, die z. B. die Stammstrecke für zwei Stunden und mehr blockieren oder technische Störungen von Zügen. Hierzu sind auch sämtliche im Voraus geplanten und in Sonderfahrplänen berücksichtigten Umfahrungen oder Unterbrechungen einzurechnen, die wegen Umbau, Instandhaltung oder anderen unabdingbar notwendigen Maßnahmen anfallen und die nach unseren Informationen in der von Herrn Weiß angesprochenen Störfallstatistik eben nicht enthalten sind. Die für die Sommerferien 2021, 2022 und 2023 vorgesehene und auch dringend notwendige Erneuerung der Anlagen auf der S-Bahnstrecke Stuttgart Hbf(tief) – Österfeld und die damit verbundenen schwierigen Sonderfahrpläne geben ein anschauliches Beispiel dafür, dass  Kopfbahnhof und Panoramastrecke für die Bewältigung solcher Maßnahmen schlicht unverzichtbar sind.

Die Ingenieure22 glauben Rüdiger Weiß und seinen Mitarbeitern gerne, dass sie alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen werden, einen vernünftigen Fahrplan zu erstellen. Klaus Wößner: „Ob aber die mit S21 gesetzten, hochgelobten und überschwänglich mit Vorschusslorbeeren versehenen Bedingungen ein zukunftsfähiges Fahrplankonzept zulassen, halten wir für sehr zweifelhaft und werden dies erst beurteilen, wenn das Konzept konkret auf dem Tisch liegt.“ Nach aller Erfahrung wäre es nicht seriös, S21 schon im Voraus ein gelungenes Fahrplankonzept bescheinigen zu wollen.    


V.i.S.d.P.: Ingenieure22, c/o Klaus Wößner