Planrechtfertigung

Stellungnahme und Einwendung zur 7. Planänderung Talquerung

Regierungspräsidium Stuttgart

Abteilung Wirtschaft und Infrastruktur

 

Postfach 80 07 09

70507 Stuttgart

Stuttgart, den 22.10.12

 

Anhörungsverfahren zu:

7. Planänderungsantrag zum Planfeststellungsabschnitt 1.1

6. Planänderungsantrag zum Planfeststellungsabschnitt 1.5

2. Planänderungsantrag zum Planfeststellungsabschnitt 1.6a

des Projekts Stuttgart 21,

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen des Anhörungsverfahrens zu o.g. Projekt und den diversen o.g. Planänderungen erhebe ich hiermit folgende Einwendungen. Ich bin als Einwender auf mehrfache Weise im Falle einer Realisierung dieses Projektes negativ betroffen, zunächst als Bürger der Bundesrepublik Deutschland, da dieses Projekt gegen geltendes Recht verstößt und geltende Gesetze mißachtet, dann als regelmäßiger Nutzer von Bahn und ÖPNV, da der mit der Realisierung dieses Projektes verbundene Abbau von Infrastruktur negative Folgen für die Entwicklung des gesamten Landes mit sich bringt, insbesondere für den Schienenpersonennahverkehr und darüber hinaus dadurch, daß durch die Realisierung dieses Projektes in unzulässiger Weise in die Sicherheit und Unversehrtheit von Schutzgütern, konkret zu nennen: das europaweit zweitbedeutendste Heil- und Mineralwasservorkommen von Bad Cannstatt und Berg, eingegriffen wird.

In bezug auf den Einwendungsgrund Heil- und Mineralwasser schließe ich mich vollumfänglich den Einwendungen des BUND und von [....] an, deren Inhalt mir bekannt ist und an deren Erarbeitung ich selbst aktiv mitbeteiligt war.

Die Gesetzeswidrigkeit und der Entfall der gesamten Planrechtfertigung für dieses Projekt wird von mir im folgenden erläutert. Gleichzeitig behalte ich mir vor, diese Einwendungen im Bedarfsfall jederzeit zu aktualisieren, zu präzisieren oder zu ergänzen.

 

Entfall der Planrechtfertigung für das Gesamtprojekt

 

Bereitstellung einer langfristig leistungsfähigen Schieneninfrastruktur (Gebot der Daseinsvorsorge)

Dieses Ziel nimmt in der Menge aller Ziele eine Vorrangstellung ein, ist es doch das wichtigste von allen. Es ist nur zu unterstreichen, von welcher herausragenden Bedeutung es für Stuttgart, die Region und das gesamte Land ist, daß Stuttgart einen leistungsfähigen, zukunftsfähigen, stabilen und flexiblen Bahnknoten besitzt. Insofern steht dieses Ziel über allen anderen, die Nichterfüllung dieses Ziels muß zwangsläufig bedeuten, daß auch andere Ziele nicht erfüllt oder gar sinnlos werden.

Leistungsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit

Das Gebot der Daseinsvorsorge erfordert die vollumfängliche Erfüllung der Zukunftsaufgaben durch die geplante Infrastruktur. Sämtliche Verkehrsprognosen gehen von einem deutlichen Zuwachs des Schienenverkehrs in den nächsten Jahren und Dekaden aus. Bisher wurde aus diesem Grund daher immer ausgeführt, der heute bestehende Kopfbahnhof sei spätestens bis 2010 an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt, und mit dem Vorhaben Stuttgart 21 werde die Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart verdoppelt. Diese Behauptung wurde zuletzt bei der Beantragung von Zuschüssen von der Europäischen Union durch die Bundesregierung vertreten.

Die Leistungsfähigkeit des Kopfbahnhofs wurde zuletzt von Bürgerinitiativen und selbstorganisierten Expertenverbänden im Jahre 2011 unter Vermeidung früherer methodischer Fehler ermittelt. Im Ergebnis ist der heute bereits existierende Bahnhof in der Lage, unter Einbeziehung sämtlicher Zu- und Ablaufstrecken eine Zugzahl von 56 Zügen pro Stunde in der zu fordernden guten Betriebsqualität zu bewältigen. Die landeseigenen Nahverkehrsgesellschaft hat das mit der Leistungsermittlung verbundene Gutachten inzwischen geprüft und die fachliche Richtigkeit der Ergebnisse bestätigt. Lediglich im S-Bahn-ähnlichen Zulaufverkehr sieht die NVBW die Notwendigkeit, durch signaltechnische Maßnahmen die Stabilität des Zu- und Ablaufes zu gewährleisten. Ohne diese Maßnahmen sieht die NVBW immerhin noch 50 Züge in der Spitzenstunde als in der geforderten Betriebsqualität gesichert an.

Im Rahmen des von seiten der DB AG im Juli 2011 vorgelegten sogenannten Streßtests wurde ein auf Leistungsfähigkeit optimiertes Simulationsmodell für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 vorgelegt, das eine Leistungsfähigkeit von 49 Zügen für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 nachweisen sollte.

Von seiten einer Gruppe von Wissenschaftlern wird das Ergebnis dieses sogenannten Streßtests seit November 2011 bis heute (Oktober 2012) öffentlich unwiderlegt angezweifelt. Die Gruppe Wissenschaftler hat über 11 Verstöße der DB AG gegen ihre eigenen Richtlinien identifiziert, die allesamt in die Richtung gehen, die Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 besser darzustellen, als sie wirklich ist. Selbst der von der Bahn beauftragte Auditor testierte am Ende nicht das erforderliche Ergebnis einer guten Betriebsqualität, sondern lediglich „wirtschaftlich optimal“. Bei genauerer Analyse stellt sich jedoch heraus, daß der Auditor SMA aufgrund einer unzulässigen Veränderung der Richtlinie 405 bezüglich der zu testierenden Qualitätsstufe irrte und eigentlich die Qualitätsstufe „risikobehaftet“ oder gar „mangelhaft“ hätte testieren müssen.

Eine ausführliche Darstellung aller identifizierter Richtlinienverstöße findet sich hierzu auf der Internetseite www.wikireal.org oder www.wikireal.info. Des weiteren ist dieser Einwendung eine detailierte Darstellung zu diesem Sachverhalt durch Dr. Christoph Engelhardt beigefügt, der sich der Einwender hiermit vollumfänglich anschließt und die Teil dieser Einwendung ist (Anlage 1).

Im Ergebnis wird nach den Untersuchungen von wikireal.org die gefordert gute Betriebsqualität erst erreicht, wenn die Zahl der im Tiefbahnhof verkehrenden Züge auf etwa 32 reduziert wird. Dies entspricht gleichzeitig in Art und Umfang dem Betriebsprogramm „Szenario A“ aus dem Gutachten von Prof. Heimerl, das als Unterlage zur Fahrbarkeit und zur Abschätzung der Betriebsqualität der geplanten Infrastrukturanlage die einzige rechtlich belastbare Zusage darstellt.

Der geplante Tiefbahnhof wurde über viele Jahre beworben mit der Aussage, er würde doppelt so viele Züge verarbeiten können, d.h. die doppelte Leistung erbringen, verglichen mit dem Kopfbahnhof. Sogar eine doppelte Kapazität ggü. dem Kopfbahnhof wurde behauptet. Diese Aussagen entsprächen einer Leistungsfähigkeit von über 70 oder sogar rund 100 Zügen pro Stunde für Stuttgart 21.

Grundlage der Feststellung einer „ausreichenden und zukunftssicheren Bemessung“ von Stuttgart 21 in der Planfeststellung sowie deren gerichtlicher Bestätigung durch den Verwaltungsgerichtshof Mannheim von 2006 ist jedoch ein Betriebsprogramm („Szenario A“) mit lediglich 32 Zügen pro Stunde in der Spitze, wie erst jetzt durch Analyse der Originalunterlagen der Planfeststellung ermittelt wurde. Dieser ausgesprochen niedrige Leistungswert war über alle Jahre offenbar systematisch vor der Öffentlichkeit verborgen worden, d.h. niemals explizit als die Auslegungsleistung von Stuttgart 21 genannt worden. Bemerkenswerterweise wurden auch die Fußgängerzugänge explizit für die Reisenden aus 32 Zügen dimensioniert. Somit ist Stuttgart 21 schon laut Planfeststellung ein Rückbau der Infrastruktur. Insofern ist bereits die bestehende Planfeststellung rechtswidrig zustandegekommen.

Diese 32 Züge pro Stunde entsprechen genau den Plausibilitätsabschätzungen also Quervergleichen für die Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 mit etablierten Methoden der Bahnwissenschaft:

  • Die Abschätzung über die von den frühen Stuttgart 21-Gutachtern noch verwendete etablierte Kennzahl „Belegungsgrad“ liefert rund 31 Züge pro Stunde

  • Der Vergleich mit anderen Großbahnhöfen über die Bahnsteiggleisbelegungsrate liefert rund 32 Züge pro Stunde als Erwartungswert für die S21-Leistungsfähigkeit

  • Der ebenfalls mit 8 Bahnsteiggleisen im Fern- und Regionalverkehr neu gebaute Wiener Hauptbahnhof mit einer mindestens vergleichbar guten Zulaufsituation ist auf lediglich rund 30 Züge pro Stunde ausgelegt.

Die 32 Züge pro Stunde entsprechen außerdem den Korrekturen, die für einzelne methodisch fehlerhaft ermittelte Leistungsaussagen gemacht werden können:

  • Schon 1994 hatte Prof. Schwanhäußer für das damalige Betriebsprogramm mit 35 Zügen in der Stunde als Basis einer „zukunftssicheren Bemessung“ die angenommenen Haltezeiten für die Züge bei Stuttgart 21 von 2 Min. auf 3 Minuten erhöht und festgestellt, dass 10 Bahnsteiggleise benötigt würden. Daraus ergeben sich für die nun gebauten 8 Bahnsteiggleise nicht mehr als 30 Züge.

  • Wird dieselbe Korrektur auf das Betriebsprogramm „Szenario E“ von 1997 angewandt mit einer Leistungsgrenze von 39 Zügen pro Stunde, sind auch hier nicht mehr als 33 Züge zu erwarten.

  • Die Korrektur der vielen Richtlinienverstöße und weiteren Fehler im sogenannten „Stresstest“ von 2011, der vermeintlich 49 Züge nachgewiesen hatte, führte auf lediglich 32 Zügen pro Stunde, die bei korrekter Durchführung der Simulation erwartet werden dürften.

Die weiteren Arbeiten, die höhere Leistungswerte nahelegten, sind ebenfalls grob fehlerhaft wie die Stellungnahme von Prof. Schwanhäußer von 2003 mit einer „Kapazitätsmehrung“ um einen Spitzenfaktor von 1,3 bis 1,6 (dieser Faktor ist nicht auf eine abgeschlossene Kapazitätsermittlung aufschlagbar) und das Gutachten von Prof. Martin von 2005 mit bis zu 51 Zügen (noch kürzere Haltezeiten bis herab zu 1 Min., viel zu kleiner Untersuchungsraum, unrealistisches gleichverteiltes Betriebsprogramm).

Keine der höheren Leistungsaussagen ist rechtlich verbindlich als einklagbare Leistungsgarantie in das Verfahren eingegangen:

  • „Szenario E“ von 1997 ist abhängig von Ausbau des Pragtunnels (P-Option)

  • Prof. Schwanhäußer hat sich in 2003 nicht auf einen Wert festgelegt

  • Prof. Martin formuliert 2005 „Handlungsbedarf“ zum eigenen Gutachten

  • der Stresstest von 2011 befindet sich laut Verwaltungsgericht Stuttgart im „außerrechtlichen Raum“ wie auch die anderen Vereinbarungen der Faktenschlichtung von 2010

Rechtlich verbindlich ist nur die „ausreichende und zukunftssichere Bemessung“ auf Basis der 32 Züge pro Stunde des „Szenario A“ von 1997. Nur dieser Wert ist ohne eklatant unrealistische Parameterwahl reproduzierbar.

Es ist also aufgrund neuerer Erkenntnisse aus den Ergebnissen des sogenannten Streßtests als gesichert anzusehen, daß mit Stuttgart 21 zukünftig nur 32 Züge in der Spitzenstunde in der zu fordernden Betriebsqualität möglich sind. Heute verkehren allerdings bereits 38 Züge in der Spitzenstunde, so daß der geplante Bahnhof bereits am Tag seiner geplanten Einweihung vorhersehbar überlastet sein wird.

Bereits Prof. Wulf Schwanhäußer kam in seinen Betrachtungen 1994 und 1997 zum Ergebnis, daß im geplanten Tiefbahnhof 38,8 Züge „in noch guter Betriebsqualität“ abgefertigt werden könnten, allerdings nur unter Erweiterung der Infrastruktur um das neunte und zehnte Gleis und bei sofortiger Realisierung der P-Option. Beides ist im Rahmen der Planfeststellung jedoch nicht beantragt. Das spätere Hinzufügen zweier weitere Gleise würde jedoch umfangreiche Änderungen an den Bahnhofsköpfen erfordern und scheidet als nachträgliche Option sofort aus, wenn nicht bereits im Zuge der Realisierung des Grundbauwerkes entsprechende Vorkehrungen und Vorleistungen getroffen werden.

Doch auch selbst wenn der sogenannte Streßtest ohne Richtlinienverstöße der DB AG und unter Einhaltung aller anerkannter Verfahren zustandegekommen wäre und als Ergebnis die geforderte Betriebsqualität erreicht hätte, so wären 49 Züge noch immer weniger Züge als 50 Züge. Es kann also dahingestellt bleiben, ob der sogenannte Streßtest bestanden wurde oder nicht, die Planung von Stuttgart 21 führt selbst unter günstigsten Annahmen zu einem Rückbau und zu einer Verminderung der Kapazität bestehender Bahnanlagen.

Ein Rückbau der Kapazität kann allerdings nicht Ziel einer Neuplanung sein. Im Sinne der Daseinsvorsorge ist vernünftigerweise geboten, eine zukunftsfähige und leistungsstarke Infrastruktur zu schaffen. Stuttgart 21 schafft eine den Anforderungen ungenügende und leistungsschwächere Infrastruktur und ist damit sogar der Nullvariante deutlich unterlegen.

Ein Kapazitätsrückbau verstößt gegen das Allgemeine Eisenbahngesetz, da gerade in Stuttgart der allgemeine Verkehrsbedarf besteht oder vorhersehbar ist. Damit ist das Planfeststellungverfahren sofort einzustellen, denn die Genehmigungsbehörde darf sich an gesetzeswidrigen Vorhaben nicht beteiligen, geschweige denn sie genehmigen. Gleichzeitig mit Bekanntwerden, daß Stuttgart 21 einen Rückbau der Infrastruktur bedeutet, sind sämtliche Projektbegründungen gegenstandslos und sämtliche Planungsrechtfertigungen entfallen.

An einer Rückbaumaßnahme von Infrastruktur dürfen sich öffentliche Träger nicht mit finanziellen Mitteln beteiligen, so daß der Finanzierungsvertrag in diesem Falle rechtswidrig ist. Damit ist die Finanzierung des Vorhabens nicht mehr gesichert. Die öffentlichen Träger haben die Pflicht, bereits gezahlte Mittel zurückzufordern.

Sollten die Vorhabensträger an diesem Projekt festhalten, so obliegt es der Genehmigungsbehörde, sämtliche Erlaubnisse und Genehmigungen zumindest so lange auszusetzen, bis die Besorgnis eines Infrastrukturrückbaus zweifelsfrei widerlegt ist. Dadurch ist zu verhindern, daß in der Zwischenzeit Tatsachen geschaffen und Schäden angerichtet werden, zu deren späterer Behebung die Allgemeinheit oder die Genehmigungsbehörde im Rahmen der ihr zukommenden Amtshaftung herangezogen werden könnte.

Flexibilität der Angebotsstruktur

In PFB 1.1, Abschnitt 1.4.1.1ff. wird folgendes angeführt:

Mit der Verpflichtung, auch anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen einen diskriminierungsfreien Zugang zum Schienennetz des Bundes zu gewähren (§ 14 AEG) und dem sich weiter entwickelnden europäischen Wettbewerb, kann der Bedarf an Schienenwegen jedoch nicht mehr ausschließlich aufgrund der Angebotsplanungen der DB AG (bzw. ihrer Unternehmensbereiche) ermittelt werden. Der Betreiber der Eisenbahninfrastruktur kann seiner Planung kein festes Betriebsprogramm (nur) eines Eisenbahnverkehrsunternehmens mehr zugrunde legen. (Seite 146)

Und:

Die Vorhabenträgerin hat dargestellt, dass sie im Hinblick auf die langfristig zu erwartende Marktöffnung eine unternehmensneutrale Angebotsplanung für die Schieneninfrastruktur betreiben muss. Auf die kurzfristigen Angebotsstrategien von z.B. DB Reise und Touristik kann es dabei nicht ankommen, da diese keine langfristig wirksamen Betriebsprogramme liefern können. Der Netzbetreiber hat die Aufgabe, seine Anlagen in möglichst flexibler Nutzungsstruktur für alle langfristigen Entwicklungen des Marktes zu bemessen und eine zukunftsfähige Infrastruktur zu bauen. Da die Vorhabenträgerin von einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer der neu zu bauenden Bahnanlagen von rund 100 Jahren ausgeht, wäre deren Bemessung allein für ein spezielles Zugprogramm oder für kleinräumige Veränderungen der Nachfragestruktur nicht angemessen. (Seite 150)


Im Ergebnis ist es also Ziel und Rechtfertigung des Projektes, eine zukunftsfähige und flexible Schieneninfrastruktur zu schaffen. Zu berücksichtigen sind hierbei alle langfristigen Entwicklungen des Marktes (und damit des Wettbewerbs) und die Unternehmensneutralität. Des weiteren dürfen kurzfristige Angebotsstrategien keine Rolle spielen, vielmehr hat der Netzbetreiber die Aufgabe, seine Anlagen in möglichst flexibler Nutzungsstruktur [...] zu bemessen und eine zukunftsfähige Infrastruktur zu bauen.

Diese Planungsanforderung kann man nur unterstützen. Dabei ist allerdings folgendes festzuhalten:

  • Stuttgart 21 erhöht gerade die Zugangsvoraussetzungen für Eisenbahnverkehrsunternehmen und wirkt dem im Rahmen der Projektrechtfertigung zugrundeliegenden Wettbewerbsziel sogar entgegen.

  • In Stuttgart 21 (tief) wären aufgrund der (in sonst keinem europäischen Bahnhof) an sich unzulässig großen Gleisneigung die folgenden Abläufe im Regelbetrieb zukünftig ausgeschlossen:

  1. Fahrtrichtungswechsel

  2. Stärken und Schwächen von Zügen

  3. Kurswagenangebot

  4. Dieselbetrieb

  5. Beginnende und endende Züge zu nahezu wahlfreien Zeiten in wahlfreie Richtungen (aufgrund erheblicher Einschränkungen beim Trassenangebot in den Abstellbahnhof)

  6. Gegenseitige Vertretbarkeit der Gleise

Wie die vorliegenden Punkte deutlich beweisen, wird durch den Bau von Stuttgart 21 (tief) die im Rahmen des PFB in jedem einzelnen Abschnitt geforderte Flexibilität der Infrastruktur sogar gegenüber heute erheblich reduziert, denn die heute existierende Infrastruktur mit dem bestehenden Kopfbahnhof erlaubt es, all die o.g. Betriebsabläufe jederzeit zu planen und im Regelbetrieb durchzuführen.

Eine Begründung, dies sei durch das zugrundegelegte Betriebskonzept 2010+X bzw. einem demgegenüber aktualisierten Betriebskonzept nicht mehr erforderlich, greift völlig ins leere, denn das Projektziel fordert geradezu diese universelle Flexibilität:

  1. Fahrtrichtungswechsel: Ein endender Zug kann unmittelbar wieder in die Gegenrichtung abfahren. Dies ist in der Betriebsführung für Wettbewerber günstiger, da der Abstellbahnhof nicht benutzt werden muß und da keine zusätzlichen Trassengebühren anfallen. Mit Stuttgart 21 sind aber die Betreiber endender Linien gezwungen, den Abstellbahnhof anzufahren. Es ist jedem Wettbewerber freizustellen, wie er seine Betriebsführung organisieren will. Insofern kann heute nicht gesagt werden, in welchem Umfang die Nachfrage sich im Rahmen zunehmenden Wettbewerbs entwickeln wird.

  2. Stärken und Schwächen von Zügen: Es muß dem jeweiligen Verkehrsunternehmen überlassen sein, an welcher Stelle es seine Züge stärken oder schwächen will. Dies ergibt sich in Zukunft alleine aus dem Angebot des Wettbewerbes und darf daher nicht durch die Infrastruktur ausgeschlossen sein.

  3. Kurswagen: Zwar ist das Angebot an Kurswagen in den letzten Jahren zurückgegangen, doch gibt es sie noch heute, und es kann aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen werden, daß Wettbewerber in Zukunft wieder ein Kurswagenangebot machen wollen

  4. Dieselbetrieb: Der Wegfall von Dieselbetrieb benachteiligt Wettbewerber, die Direktangebote in Regionen vorlegen wollen, die bisher nicht elektrifiziert sind. Dies hat gegenüber heute bereits negative Auswirkungen, da nämlich eine Direktverbindung Stuttgart-Tübingen-Sigmaringen-Aulendorf wegfallen muß. Damit wird eine ganze Region Baden-Württembergs von seinem Zentrum Stuttgart abgehängt. Überdies müssen auch Sonderfahrten und Zusatzangebote der WEG (Strohgäubahn) nach Stuttgart HBF zukünftig entfallen. Der Wegfall des Dieselbetriebes greift somit in unzulässiger Weise in den Wettbewerb ein.

  5. Beginnende und endende Züge: Im Grunde beruht das heutige Betribskonzept darauf, daß die meisten Züge in Stuttgart beginnen und enden. Dadurch wird der derzeitigen Nachfrage Rechnung getragen, daß die meisten Fahrgäste in Stuttgart ein- oder aussteigen oder vom/zum Fernverkehr umsteigen. Außerdem sorgt dieses Betriebskonzept dafür, daß aufgrund des Zugumlaufes Verspätungen von der Strecke genommen werden, indem ein beginnender Zug bereits bereitgestellt werden kann, unabhängig davon, ob der endende Gegenzug bereits angekommen ist. Außerdem werden Verspätungen unter anderem dadurch abgefangen, daß die großzügig bemessene Gleiskapazität des Kopfbahnhofes es auch erlaubt, einen Zug länger stehenzulassen, ohne den Betriebsablauf für andere Züge zu beeinträchtigen. Das erlaubt Umlaufzeiten, die auch bei mittleren Verspätungen noch die Pünktlichkeit der Folgefahrt ermöglichen. Diese Vorteile fallen durch das Betriebskonzept der durchgebundenen Züge weg. Es ist aber die mangelnde Flexibilität der Infrastruktur von Stuttgart 21, die diesen Wegfall erfordert. Es wird sich erst in Zukunft erweisen, ob mangels Praktikabilität oder durch spätere Einführung eines ITF wieder zum heutigen Betriebskonzept zurückgekehrt werden muß. Die Beschaffenheit der Infrastruktur darf diesem nicht im Wege stehen.

  6. Die gegenseitige Vertretbarkeit der Gleise ist im heutigen Kopfbahnhof vorbildlich, man kann aus jeder Richtung kommend eine Vielzahl von Gleisen erreichen. Änderungen im Betriebsablauf und verspätete Züge führen niemals dazu, daß man keine freie Bahnsteigkante mehr zur Verfügung hat. Im geplanten Durchgangsbahnhof Stuttgart 21 tief stehen einem einfahrenden Zug lediglich vier Gleise zur Verfügung (theoretisch eine Einfahrt in ein fünftes Gleis, was aber nicht betrachtet wird, da in diesem Fall aus der Gegenrichtung nur drei Gleise verfügbar wären). Dies führt bereits bei Zugrundeliegen des von der DB AG vorgestellten Streßtest-Fahrplanes zu Engpässen bei geringfügigen Verspätungen des Fernverkehrs und daher zu teilweise mangelhafter Betriebsqualität, die ausschließlich durch die zu knapp bemessene und zu unflexible Infrastruktur verursacht ist.

Im Ergebnis verursacht gerade der geplante Tiefbahnhof eine sogar gegenüber der Nullvariante in unerträglichem Maße reduzierte Flexibilität der Infrastruktur und steht damit im direkten Widerspruch zu den in der Planfeststellung formulierten Planungszielen. Damit ist der Umbau des Bahnknotens Stuttgart gerade nicht venünftigerweise geboten, sondern der Abbruch des Projektes ist vernünftigerweise geboten, um die von der Planfeststellungsbehörde geforderte und heute noch vorhandene Flexibilität für die Zukunft zu erhalten. Der Wegfall heute vorhandener Flexibilität impliziert einen gesetzeswidrigen Rückbau von Infrastruktur.

Stabilität

Wie wichtig das Vorhandensein eines stabilen Verkehrsknotens ist, konnte man anhand der Ausfälle der Monate Juli bis Oktober 2012 deutlich erkennen, als im für Stuttgart 21 umgebauten Gleisvorfeld des Hauptbahnhofes drei Züge an ein und derselben Stelle entgleisten. In einem Fall wurde aufgrund eines fehlgeleiteten Zugteils sogar ein erheblicher Teil der Fahrleitung heruntergerissen, so daß der Zugverkehr zeitweise eingestellt werden mußte.

Nun hat das heute bestehende Gleisvorfeld wenigstens noch den Vorteil, daß eine potentielle Havariestelle von allen Seiten frei zugänglich ist und daß Arbeiten mit schwerem Gerät zumindest nicht durch Platzmangel behindert werden. Insofern ist die Behebung selbst schwerster Störungen in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum soweit möglich, daß aufgrund der Vielzahl möglicher Fahrstraßen ein eingeschränkter Verkehr wieder aufgenommen werden kann, während die Bergungsarbeiten im Gleisvorfeld noch für längere Zeit weitergehen. Dies ist der hohen Flexibilität der Infrastruktur mit ihrem hohen Grad gegenseitiger Vertretbarkeit der Bahnsteiggleise und der hohen Erreichbarkeit von Bahnsteiggleisen aus allen Zufahrtsrichtungen geschuldet, was im vorigen Abschnitt genauer erläutert wurde.

Aufgrund des stark und auf das absolute Minimum reduzierte Gleisbilds des geplanten Tiefbahnhofes wird eine starke Richtungsbindung der Bahnsteiggleise erzwungen, was die Flexibilität erheblich einschränkt und dazu führt, daß bei Entgleisungen in einem der Bahnhofsköpfe unmittelbar eine gesamte Fahrtrichtung (West-Ost oder Ost-West) wegfällt. Gleichzeitig sind Arbeiten wie Bergung und Wiederinstandsetzung von Oberbauschäden im Tunnel wegen der stark beengten Verhältnisse gegenüber der heute bestehenden Infrastruktur erheblich erschwert, so daß die Zeitspanne zur Wiederinbetriebnahme von Zufahrten nach einer Entgleisung mehrere Tage und Wochen betragen kann, während aufgrund der erheblichen Reduzierung von Zufahrtsmöglichkeiten während dieser Arbeiten kein Notbetrieb auf Alternativgleisen möglich ist, weil diese einfach nicht mehr vorhanden sind.

Im Ergebnis bedeutet Stuttgart 21 (tief) den Rückbau sämtlicher heute noch vorhandener Redundanzen, so daß im Fall schwerer Störungen Zustände eintreten, die keinen Notbetrieb in Stuttgart HBF unter Umfahrung der Havariestelle mehr ermöglichen. Also ist Stuttgart 21 nicht nur im Sinne der Reduzierung von Leistungsfähigkeit und Kapazitätsfrage gegenüber der Nullvariante ein Rückbau von Eisenbahninfrastruktur, Stuttgart 21 ist auch ein Rückbau im Sinne vorhandener Redundanz und Stabilität und - wie im vorigen Abschnitt gezeigt - von Flexibilität. Damit ist die Planfeststellung aus einem weiteren Fall heraus rechtswidrig.

Einbindung der Neubaustrecke und des Bahnknotens in das Europäische Hochgeschwindigkeitsnetz

Dieses Projektziel ist bereits mit der Nullvariante realisiert. Eine weitere Ergänzung einer Schnellfahrstrecke Wendlingen-Ulm steht diesem Projektziel nicht entgegen. Im Rahmen der sogenannten Schlichtung wurde aufgezeigt, daß die Anbindung dieser Neubaustrecke in den bestehenden Bahnknoten Stuttgart auch ohne die Realisierung von Stuttgart 21 möglich ist und sogar aus fahrdynamischen und energetischen Gesichtspunkten günstiger und zu erheblich geringeren Kosten, was auf lange Sicht eine größere Nachhaltigkeit bedeutet.

Insofern ist Stuttgart 21 nicht notwendig, um dieses Ziel zu erreichen. Dieses Planungsziel entfällt folglich als Projektbegründung von Stuttgart 21.

Erhöhung der Streckenleistungsfähigkeit des Korridors Stuttgart-Ulm und Verbesserung der Anbindung der Region Ulm/Neu-Ulm

Die Ertüchtigung des Streckenkorridors Stuttgart-Ulm wäre an sich aufgrund eines gesteigerten Verkehrsbedarfs vernünftigerweise geboten. Allerdings bezieht sich dieses Ziel auf die Frage der Notwendigkeit einer Neubaustrecke und ist völlig unabhängig von der Frage des Bahnhofes in Stuttgart zu stellen.

Genauso sieht es überdies das Bundesverkehrsministerium: Der Bundesanteil wird nur in der Höhe gewährt, die zur Einbindung der Neubaustrecke in den Bahnknoten Stuttgart auch ohne den Bau von Stuttgart 21 erforderlich wäre. Beweis: Drucksache des Bundestages (Anlage 3)

Damit entfällt dieses Planungsziel als Rechtfertigung für den Bau von Stuttgart 21.

Grundsätzlich ist weiterhin anzumerken, daß alleine schon der Umstand, daß der Bahnhof Stuttgart 21, wie weiter oben bereits ausgeführt, einen Rückbau bestehender Kapazitäten bedeutet, auch diesem Planungsziel entgegensteht. Es kann also dahingestellt bleiben, ob die Erhöhung der Streckenleistungsfähigkeit im Sinne der Daseinsvorsorge notwendig ist oder nicht, der Bau von Stuttgart 21 steht wegen der Kapazitätsminderung diesem Ziel entgegen und ist daher gesetzeswidrig.

Dagegen ist der Bau von Stuttgart 21 nicht Voraussetzung zum Erreichen dieses Planungsziels.

Verbesserung der Verkehrsanbindung im Regional- und Personenfernverkehr

Angebotserweiterung

Eine Angebotserweiterung im öffentlichen Schienenpersonenverkehr ist unbedingt anzustreben. Insofern wird diese Zielsetzung vom Einwender vollumfänglich geteilt.

Zunächst setzt eine Angebotserweiterung an sich noch keine Änderungen an der Infrastruktur voraus. Entscheidend ist zuallererst, welches Angebot von seiten der Verkehrsträger beauftragt und finanziert werden kann. Im Bereich des Regionalverkehrs ist es also entscheidend, welchen Verkehr das Land bestellt oder zu bestellen in der Lage ist. Insofern ist die Angebotserweiterung kein Argument, Stuttgart 21 bauen zu müssen.

In der Realität bringt die Erweiterung des Angebotes allerdings erhöhte Anforderungen an die Kapazität und Leistungsfähigkeit der zugrundegelegten Schieneninfrastruktur mit sich. In Konsequenz ist eine Angebotserweiterung also nur in demselben Umfang möglich, wie die Kapazität vorhandener Anlagen ausreichend ist. Wird dieser Punkt überschritten, so ist ein Umbau der Anlagen in Richtung Kapazitätserweiterung vernünftigerweise geboten.

Beispiel Gäubahneinführung nach Stuttgart: Im Rahmen des Filderdialogs stellte das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg eine Vergleichsstudie vor, die eine Gegenüberstellung der verschiedenen im Rahmen des Filderdialogs zur Diskussion stehenden Varianten erlaubte. Diese ergab, daß bei einer zweigleisigen Gäubahneinbindung nach Stuttgart, so wie sie auch bei der Nullvariante vorliegt, eine Taktverdichtung auf 15 Minuten für die Gäubahn nicht ausgeschlossen ist. Alle Planvarianten mit Stuttgart 21 verfügen dagegen über zu wenig freie Trassen, um diese Angebotserweiterung zu realisieren. Insofern findet im Rahmen von Stuttgart 21 ein von der Öffentlichkeit bisher nur wenig wahrgenommener Rückbau der Gäubahneinführung nach Stuttgart statt, der gegen das Allgemeine Eisenbahngesetz verstößt.

Stuttgart 21 bedeutet damit, wie bereits weiter oben ausgeführt, die Verminderung der heute noch verfügbaren Kapazität und steht somit im Widerspruch zu diesem in der Planfeststellung formulierten Projektziel. Eine Angebotserweiterung bei gleichzeitiger Verminderung der Kapazität verfügbarer Infrastrukturanlagen ist auf lange Sicht nicht darstellbar. Insofern wird dieses Planungsziel mit Stuttgart 21 gerade nicht erreicht. Stuttgart 21 erfüllt dieses Ziel sogar schlechter als die Nullvariante. Daher ist die behauptete Planrechtfertigung, Stuttgart 21 ermöglicher eine Angebotserweiterung, entfallen.

Verkürzung der Reisezeiten

Eine Verkürzung von Reisezeiten ist als planerisches Ziel zunächst sehr vernünftig und im Sinne der Reisenden zu unterstützen. Hierzu ist grundsätzlich zu unterscheiden:

  1. Reisezeiten des Durchgangs- und Fernverkehrs

  2. Reisezeiten des Nah- und Regionalverkehrs

  3. Umsteigezeiten

Hierzu ist folgendes festzustellen:

  1. Die Reisezeiten werden durch die Strecken und die Aufenthaltsdauer in den Bahnhöfen bestimmt. Im Rahmen der sogenannten Schlichtung wurde klar und deutlich herausgearbeitet, daß sich alleine aufgrund des Bahnhofs kein Zeitgewinn für den Fernverkehr ergibt. Der Zeitvorteil im Fernverkehr beruht einzig und alleine auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, die nicht Teil der Planfeststellung von Stuttgart 21 ist. Gleichzeitig wurde ein Alternativkonzept vorgelegt, anhand dessen gezeigt wurde, daß durch alternative Streckenführung mindestens dieselbe Beschleunigung des Fernverkehrs erreichbar ist, allerdings zu weit geringerem Preis. Die Entscheidung zum Bau von Stuttgart 21, um als Ziel den Fernverkehr zu beschleunigen, beruht also auf einem Abwägungsdefizit.

  2. Die Reisezeiten im Nah- und Regionalverkehr werden durch Stuttgart 21 laut Fahrzeitenstudie der SMA gegenüber heute nur geringfügig im Sekundenbereich verbessert. Die Studie von SMA berücksichtigte an anderer Stelle jedoch Investitionen in Streckenausbau, der zu Fahrzeitverkürzungen auf den ausgebauten Strecken im Minutenbereich führt. Da nun im Durchschnitt die Reisezeitverkürzungen gegenüber heute nur im Sekundenbereich durchkommen, ist zu bezweifeln, daß sich mit Stuttgart 21 alleine überhapt irgend etwas verbessert, es fehlt jedoch eine trennscharfe Studie hierzu, aus der hervorgeht, welche Verbesserungen den Ausbauten der Strecken zuzurechnen sind und welche auf das Projekt Stuttgart 21 entfallen. Solange eine solche trennscharfe Studie nicht existiert, besteht keine Planrechtfertigung in diesem Punkt. Im Rahmen der gleichen Studie wurde außerdem ein Vergleich mit einem Alternativkonzept angestellt, das einen Integralen Taktfahrplan abbildet. Die SMA-Studie kommt zum Ergebnis, daß durch die Verwirklichung dieses Alternativkonzeptes eine größere Verkürzung der Reisezeiten für die Fahrgäste erreicht werden kann als durch Stuttgart 21. Das alternative Taktkonzept beruht auf dem bestehenden Kopfbahnhof. Die Entscheidung, Stuttgart 21 bauen zu müssen, um die Reisezeiten im Nah- und Regionalverkehr zu verkürzen, beruht also auf einem Abwägungsdefizit.

  3. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, ist das Projekt Stuttgart 21 vollkommen ungeeignet zur betrieblichen Realisierung eines Integralen Taktfahrplanes. Wie sich inzwischen durch Vorlage mehrerer Betriebskonzepte für Stuttgart 21 zeigte, kann nicht einmal die Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplanes, die heute bereits im bestehenden Bahnhof realisiert ist, beibehalten werden. Dies ist ein erheblicher Rückschritt für die Reisenden und bedeutet im Gegenteil sogar Verlängerung der Reisezeiten. Im Betriebskonzept von Stuttgart 21 werden geographisch bedeutsame Verbindungen bereits im Grundangebot regelmäßig verpaßt, dies war im Rahmen der sogenannten Schlichtung an zahlreichen Stellen deutlich zu erkennen und ist durch zahlreiche Belege nachgewiesen. Stuttgart 21 wird zum Bahnhof der verpaßten Anschlüsse. Es ist mathematisch exakt nachvollziehbar, daß das in Stuttgart 21 zwingend zugrunde zu legende Betriebskonzept einem Integralen Takfahrplan bei weitem unterlegen ist. Interne Abschätzungen deuten bereits an, daß die Umsteige-Wartezeiten von Reisenden im Nah- und Regionalverkehr gerade wegen Stuttgart 21 um durchschnittlich 30% länger sein werden als mit einem Integralen Taktfahrplan. Exakte Studien hierzu gibt es jedoch bisher nicht, was einen grundsätzlichen Mangel in bezug auf die Planung darstellt.

Im Ergebnis erfüllt Stuttgart 21 das Ziel der Reisezeitverkürzungen schlechter als andere Alternativen. Insofern beruht die Entscheidung für Stuttgart 21 auf einem Abwägungsdefizit und ist zu revidieren. Gleichzeitig ist die Planrechtfertigung „Reisezeitverkürzungen“ für Stuttgart 21 entfallen.

Verknüpfung des Landesflughafens Stuttgart, Anbindung der Region Filder und der Messe

Im Verlauf des sogenannten Filderdialogs mußte - allerdings erst auf hartnäckige wiederholte Anfrage - von den Projektpartnern eingestanden werden, daß es in der Vergangenheit keine Bedarfserhebungen gegeben hat, aus denen ein erheblich gesteigerter Verkehrsbedarf in Richtung Flughafen hervorginge. Eine Förderung des Flugverkehrs kann außerdem nicht im Interesse eines vorgeblichen Bahnprojektes sein.

Eine Verbesserung der Flughafenanbindung wäre indes bereits heute möglich. Beispielsweise durch den Ausbau des Bahnhofes Vaihingen, um einen Halt der Nahverkehrs- und Regionalzüge zu ermöglichen und eine günstige Verbindung zu den Flughafen-S-Bahnen herzustellen. Ebenso wäre eine Verdichtung des S-Bahn-Taktes auf 10 Minuten zum Flughafen denkbar. Da diese Maßnahmen zum heutigen Zeitpunkt unterbleiben, ist im Umkehrschluß anzunehmen, daß Stand heute die bereits existierende Flughafenanbindung als hinreichend angesehen wird und das Argument der Flughafenanbindung nur vorgeschoben ist, um das Projekt Stuttgart 21 begründen zu können.

Weiterhin hat der sogenannte Filderdialog gezeigt, daß die Anbindung der Filder durch einen konsequenten Ausbau der S-Bahn (z.B. durch Verlängerung nach Neuhausen bzw, durch später möglichen Ringschluß) unter Herstellung des Regionalzughaltes Vaihingen deutlich besser geeignet ist, die Region Filder anzubinden. Gleiches gilt im übrigen auch für die Messe und den Landesflughafen.

Weiterhin wurde im Verlauf der sogenannten Schlichtung eine Alternative aufgezeigt, die auch die verbesserte Anbindung der Region Ulm an den Landesflughafen erlaubt, indem nämlich eine schnelle Regionalzuglinie über die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm direkt zum Flughafenterminal geführt wird, die unter Einbeziehung der Fußwege sogar die Reisezeiten des nur zweistündlich verkehrenden ICE unterbietet.

Es existieren also ohne weiteres Varianten, die dieses Planungsziel besser erfüllen können als die Realisierung von Stuttgart 21. Die Entscheidung für Stuttgart 21 beruht daher auf einem Abwägungsdefizit. Somit ist für diesen Teil die Planrechtfertigung entfallen.

Verbesserung der Anbindung der Wirtschaftsräume Reutlingen und Tübingen (Region Neckar-Alb)

Zu diesem Planungsziel existiert bis heute keine gesamtwirtschaftlicher Betrachtung. Es ist somit rein hypothetisch und durch nichts belegt, daß Stuttgart 21 zur Erreichung dieses Ziels die alleine zielführende Variante ist. Dieses Ziel ist auch auf andere Weise erreichbar, so wurden Überlegungen hierzu im Verlauf der sogenannten Schlichtung im Rahmen eines alternativen Betriebskonzeptes vorgestellt, das auf einem Integralen Taktfahrplan beruht. Dieses alternative Betriebskonzept stellte zudem bessere Anschlüsse zu den eingleisigen Nebenstrecken Tübingen-Herrenberg und Tübingen-Horb her.

Gleichzeitig ist anzumerken, daß auf dem sogenannten Filderdialog eine Variante vorgestellt wurde, die gerade eine erhebliche Stärkung der Anbindung der Region Neckar-Alb zur Folge gehabt hätte. Diese Variante wurde nicht zuletzt durch die Projektpartner verworfen. Dies zeigt deutlich, daß an der Verwirklichung dieses Projektziels von seiten der Projektpartner offensichtlich kein Interesse besteht.

Aus diesen zwei Gründen kann dieses Planungsziel nicht zur Projektbegründung von Stuttgart 21 beitragen.

Optimierung der Verkehrsabläufe und Steigerung der Attraktivität auf dem Verkehrsmarkt

Dieses Planungziel ist zur Rechtfertigung von Stuttgart 21 vollkommen ungeeignet. Der Verkehrsmarkt wird durch die Aktivitäten der Wettbewerber bestimmt, denen es selbst obliegt, ihre eigenen Verkehrsabläufe zu optimieren. Um den Anforderungen der Verkehrsunternehmen im gegenseitigen Wettbewerb aber gerecht zu werden, bedarf es einer möglichst leistungsfähigen und möglichst flexiblen Infrastruktur, denn die Infrastruktur darf die Entwicklung des Marktes und die Attraktivität für die im Wettbewerb stehenden Verkehrsunternehmen nicht behindern.

Wie bereits weiter oben festgestellt, bedeutet die Realisierung von Stuttgart 21 jedoch den Rückbau von Redundanz und Flexibilität der Gleisanlagen. Stuttgart 21 trägt dadurch wesentlich dazu bei, die Attraktivität der Infrastruktur für den Markt zu mindern und die Gestaltungsfreiheit der Wettbewerber einzuschränken.

Darüber hinaus ist die Infrastruktur, die Stuttgart 21 bieten kann, aufgrund des massiven Abbaus von Kapazität gegenüber heute bereits durch die Verkehre der DB AG und durch die Nahverkehre, die das Land bestellt, mehr als ausgelastet. Weitere Angebote privater Wettbewerber sind dadurch auf lange Sicht so gut wie ausgeschlossen.

Insofern wirkt Stuttgart 21 diesem Planungsziel gerade entgegen. Ebenfalls behindert Stuttgart 21 gerade den hier hochgehaltenen Markt und steht dadurch im Widerspruch zu den Wettbewerbszielen der Europäischen Union. Im Ergebnis ist dieses Planungsziel durch Stuttgart 21 konterkariert und als Projektrechtfertigung entfallen.

Beachtung der Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplanes

Es ist zunächst verwunderlich, daß dieses Projektziel Eingang in die Planfeststellung gefunden hat, heißt es doch an anderer Stelle, die Obere Raumordnungsbehörde sei zu dem Schluß gekommen, ein Integraler Taktfahrplan sei in Großknoten wie Stuttgart wegen der engen Ankunftszeiten der Züge nicht fahrbar und darüber hinaus nicht sinnvoll.

In der Tat praktiziert man sein vielen Jahren in Stuttgart eine Zwischenstufe des Integralen Taktfahrplanes, nämlich intern für den Nah- und Regionalverkehr. Dieses ITF-Angebot wird noch heute von der zuständigen NVBW berechtigterweise offensiv beworben und als vorbildlich für das gesamte Land dargestellt.

Des weiteren sei an den Koalitionvertrag der grün-roten Landesregierung von 2011 erinnert, der das Festhalten am Integralen Taktfahrplan des Landes betont und eine Weiterentwicklung desselben anstrebt. Gleichzeitig hat eine Zwischenstufe des deutschlandweiten Integralen Taktfahrplanes Einzug in der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung gefunden. Die Vorüberlegungen haben bereits begonnen, und es erscheint nur eine Frage der Zeit, wann dieser sogenannte Deutschland-Takt seine bundesweite Einführung erfahren wird.

Damit steht fest, der Integrale Taktverkehr ist zumindest mittelfristig politisch gewollt und wird zumindest mittelfristig kommen. Die Auffassung der Oberen Raumordnungsbehörde ist dabei aufgrund der höher anzusehenden politischen Entscheidung sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene bereits überstimmt und in mehrfacher Hinsicht durch neuere Erkenntnisse als überholt anzusehen. Sie bedarf unbedingt der Korrektur:

  1. Im Rahmen der sogenannten Schlichtung konnte ein ITF-Konzept vorgestellt werden, das von Fahrplanexperten der DB AG und der NVBW geprüft worden war und als fahrbar bestätigt wurde.

  2. Ein ITF-Konzept von Prof. Dr. Wolfgang Hesse liegt vor, das die Möglichkeit eines ITF bereits heute im bestehenden Stuttgarter Bahnhof ohne jegliche Umbaumaßnahmen in Stuttgart darstellt (Anlage 2).

  3. Eine Vergleichsstudie der SMA, die während der sogenannten Schlichtung angefertigt wurde, kommt zu dem Ergebnis, daß mit wachsendem Untersuchungsraum ein ITF-Konzept den Reisenden in ganz Baden-Württemberg größere Vorteile bringt als der Bau von Stuttgart 21 in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Betriebskonzept der schnellen Züge und der durchgebundenen Linien.

Das dem Projekt Stuttgart 21 zugrundegelegte Betriebskonzept in allen bisher vorgestellten Varianten (sowohl bei der sogenannten Schlichtung als auch im Rahmen des sogenannten Streßtests) weist keinerlei charakteristischen Merkmale eines ITF mehr auf. Es wird dadurch offensichtlich, daß Stuttgart 21 das Kriterium „Beachtung der Zwischenstufe des ITF“ eben gerade nicht erfüllt. Dagegen werden selbst im Grundangebot geographisch wichtige Anschlüsse regelmäßig verpaßt. So etwas hat mit einem Taktfahrplan nicht das geringste zu tun.

Damit verfehlt Stuttgart 21 offensichtlich dieses Planungsziel, so daß die Rechtfertigung durch dieses Ziel hiermit entfallen ist.

Erhaltung und Stärkung der zentralen Verkehrsfunktion innerhalb der Landeshauptstadt Stuttgart (Verknüpfung mit Regional-, Stadtbahn, und städtischem Verkehr einschließlich Fußgängerverkehr)

Dieses Planungsziel ist sinnvoll, soweit die Rolle des Hauptbahnhofes als die zentrale Verkehrsdrehscheibe Stuttgarts gemeint sein soll. Am Hauptbahnhof können die Reisenden alle wichtigen Verkehrsträger erreichen und den Übergang vom Stadt- in den Regional- und Fernverkehr vollziehen. Insofern ist zum Erreichen dieses Planungsziels alleine notwendig, daß der Hauptbahnhof in Stuttgart dort bleibt wo er ist und daß möglichst alle Verkehrsträger an den Hauptbahnhof binden. Dies war in der Vergangenheit mit dem bereits bestehenden Bahnhof immer schon so. Insofern wurde dieses Planungsziel in der Vergangenheit immer schon erreicht. Eine Verbesserung kann indes nur erzielt werden, wenn weitere, bisher nicht am Hauptbahnhof erreichbare Verkehrsträger neu erschlossen werden können.

Stuttgart 21 schwächt allerdings die Bedeutung des Hauptbahnhofes als Träger der zentralen Verkehrsfunktion in mehrfacher Hinsicht:

  1. Mit Beginn der Vorbereitungen zu Stuttgart 21 entstand die Notwendigkeit, den bisherigen Zentralen Omnibushof von seinem zentralen Standort am Hauptbahnhof weg zu verlegen. Dies stellt alleine für sich bereits eine Schwächung des Knotens Hauptbahnhof dar. Eine Rückverlagerung des ZOB an den Hauptbahnhof bleibt mit der Realisierung von Stuttgart 21 ausgeschlossen. Gleichzeitig ist mit dem Aufkommen neuer Angebote im Bereich von Überlandbussen (z.B. durch den Anbieter deinbus.de) damit zu rechnen, daß der Fernbus als Ergänzung zum Bahnangebot wieder an Bedeutung gewinnt. Die Schwächung des Hauptbahnhofes durch den Verlust des ZOB wird daher in aller Voraussicht noch gravierender ausfallen.

  2. Aufgrund der Tatsache, daß Stuttgart 21 als Rückbau von Kapazität identifiziert wurde, ist zu erwarten, daß der geplante Tiefbahnhof bereits in naher Zukunft nicht mehr in der Lage sein wird, alle Züge des Verkehrsbedarfes aufzunehmen und abzuwickeln. In der Folge muß der Fernverkehr Stuttgart HBF mangels Kapazität umfahren und Ersatzhalte in Esslingen und Vaihingen an der Enz ansteuern.

Die Realisierung von Stuttgart 21 bedeutet im Ergebnis eine Schwächung des Knotens Stuttgart Hauptbahnhof und steht damit diesem Planungziel entgegen. Dieses Planungsziel ist somit als Planungsrechtfertigung entfallen.

Anpassung des Empfangsgebäudes an die veränderten Vorstellungen der Reisenden

Dieses Planungsziel ist rein hypothetisch. Bisher wurde keine Studie Veröffentlicht, die es erlaubt, irgendwelche veränderten Vorstellungen von Reisenden zu qualifizieren. Naheliegend ist jedoch, daß es nicht in die Richtung gehen kann, einen neuen Bahnhof zu bauen, der enger und risikobehafteter ist als der bestehende, dessen Not- und Evakuierungskonzepte im Ernstfall noch nach jahrelanger Planung defizitär sind und der nicht über barrierefreie Fluchtwege verfügt.

Insofern ist dieses Planungsziel zur Rechtfertigung von Stuttgart 21 ungeeignet.

Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt Stuttgart

In erster Linie ist Stuttgart 21 vorgeblich ein Eisenbahn- und Infrastrukturprojekt. Damit sind die vorrangigen Ziele die Sicherung von Leistungsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit der Infrastruktur. Es wurde jedoch bereits vorstehend aufgezeigt, daß Stuttgart 21 eine Minderung der Kapazität und Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart zur Folge hat, deren negative Auswirkungen im gesamten Einzugsbereich der Bahnlinien zu spüren sein wird. Wegen der Kapazitätsreduzierung ist das Vorhaben gesetzes- und rechtswidrig.

Insofern ist die Stadtentwicklung ein Einzelinteresse der Stadt Stuttgart, das sich nicht gesetzeswidriger Interessen bedienen darf, um das Ziel zu erreichen. Der Bau von Stuttgart 21 kann nicht die einzig mögliche Maßnahme darstellen, um der Stadt Stuttgart Wege zur Stadtentwicklung zu eröffnen.

Auch im Falle der Realisierung von Stuttgart 21 ist ein Freiwerden der fraglichen Gleisareale keineswegs gesichert, denn bereits heute hat ein Konsortium von Privatbahnen ein Verfahren eingeleitet, sich die Rechte für den Weiterbetrieb der Bestandstrassen zu sichern. Eine spätere Entwidmung der Gleisflächen erscheint daher rechtlich mehr als fraglich.

Damit ist keinesfalls gesichert, daß trotz Realisierung von Stuttgart 21 die Stadt Stuttgart die erhofften städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten bekommt. Insofern kann dieses Planungsziel zum jetzigen Zeitpunkt nicht verfangen und muß aus der Planrechtfertigung gestrichen werden. Damit entfällt die Planrechtfertigung durch einen möglicherweise durchführbaren Städtebau.

Eine Möglichkeit, das Argument Städtebau wieder in die Planrechtfertigung einzuführen, wäre erst nach endgültiger Klärung über den Verbleib der durch die Stadt Stuttgart bereits erworbenen Gleisflächen möglich, also nach rechtskräftigem Abschluß eines Entwidmungsverfahrens bezüglich des heutigen Gleisvorfeldes. Bis zur Klärung dieser offenen Frage kann der Städtebau nicht zur Planrechtfertigung dienen, da seine Durchführbarkeit nicht gesichert ist.

Die Planrechtfertigung durch städtebauliche Entwicklungsmöglichkeit ist daher entfallen.

Verminderung der Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel

Das Ziel der Minderung von Lärmbelastung infolge einer Baumaßnahme wäre grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen. Allerdings ist dieses Ziel mit Stuttgart 21 nicht zu erreichen. Denn der Lärm im Stuttgarter Talkessel wird in erster Linie und mit Abstand vom dort fließenden Autoverkehr verursacht. Durch begleitende Maßnahmen zum Immobilienprojekt Stuttgart 21 wird infolge von Straßenausbau der Autoverkehr unmittelbar gefördert und daher erheblich zunehmen. Infolge dessen wächst der Lärm gerade wegen Stuttgart 21 im Talkessel sogar noch deutlich an.

Infolge des inzwischen deutlich gewordenen Rückbaus der Schineninfrastruktur durch Stuttgart 21 ist sogar noch zu erwarten, daß der Autoverkehr weiter zunimmt, da die Attraktivität des Schienenverkehrs vor allem für Pendler durch dieses Projekt erheblich leiden wird. Die Zunahmen werden sich vor allem dadurch bemerkbar machen, daß die Verkehrsströme früher einsetzen und später abflauen werden, so daß im Ergebnis die Stoßzeiten über den Tag gerechnet länger andauern.

In Konsequenz kann Stuttgart 21 dieses Planungsziel nicht erreichen, weshalb diese Planrechtfertigung entfallen ist.

Verminderung der Trennwirkung der Bahnanlagen in der Innenstadt

Die Trennwirkung der Bahnanlagen kann, soweit sie überhaupt als solche wahrgenommen wird, auch durch andere Maßnahmen gemindert werden, z.B. durch teilweise Überbauung von Anlagenteilen oder eine teilweise Verlegung der Anlagen und Werkstätten nach Untertürkheim, so wie es das Projekt Stuttgart 21 ja indes für den gesamten Abstellbahnhof plant. Insofern ist der Bau von Stuttgart 21 nicht die Voraussetzung zum Erreichen dieses planerischen Ziels.

In der Vergangenheit wäre es ohne weiteres möglich gewesen, diese Trennwirkung zu vermindern oder gar teilweise aufzuheben, wenn tatsächlich ein dringender Handlungsbedarf gesehen würde. Doch dies ist offenbar gar nicht der Fall.

Überdies bestehen nachhaltige Zweifel daran, daß Stuttgart 21 überhaupt geeignet ist, dieses Projektziel zu erfüllen. Aufgrund der Nachweise, daß Stuttgart 21 einen Rückbau von Infrastruktur mit sich bringt, wird ein großer Teil der oberirdischen Bahnanlagen nach einer möglichen Inbetriebnahme des geplanten Tiefbahnhofes gar nicht frei.

Des weiteren ist bereits heute abzusehen, daß sich nach Aufgabe der Bahnanlagen durch die DB Netze AG ein privater Betreiber finden wird, der ein berechtigtes Interesse am Weiterbetrieb dieser Anlagen vorlegt. Die Stuttgarter Netz AG hat bereits Vorverfahren eingeleitet, die diesen Anspruch feststellen sollen. Gleichzeitig ist aber eine spätere Entwidmung der Flächen nicht Gegenstand dieser Planfeststellung.

Als Projektbegründung dürfen jedoch nur Ziele formuliert werden, deren Erreichbarkeit durch dieses Projekt gewährleistet ist. Insofern fällt dieser Planungsgrund weg, zumindest bis die Frage einer späteren Entwidmung abschließend geklärt ist.

Dieses Planungsziel ist somit für die Projektbegründung entfallen.

Zusammenfassung

Wie vorstehend aufgezeigt, bedeutet Stuttgart 21 in vierfacher Hinsicht einen Rückbau bestehender Infrastruktur:

  1. Minderung der Kapazität und Leistungsfähigkeit des bestehenden Hauptbahnhofes um mindestens 30%

  2. Abbau von Flexibilität in der Betriebsführung

  3. Rückbau von Redundanzen

  4. Rückbau der Kapazität bei der Gäubahneinführung

Des weiteren wurde aufgezeigt, daß Stuttgart 21 nicht geeignet ist, die wesentlichen Ziele der Planung überhaupt zu erreichen, zu den wichtigsten Zielen sogar im Widerspruch steht oder die Erreichung dieser Ziele durch alternative Maßnahmen besser und nachhaltiger möglich ist.

Dadurch ist die Rechtfertigung dieses Projektes im gesamten entfallen. Damit besteht kein öffentliches Interesse an der Projektdurchführung, auch ein positives Gesamturteil besteht nicht mehr. Die Planungen sind umgehend einzustellen, weitere Genehmigungen dürfen schon alleine aufgrund der gesetzeswidrigen Rückbaumaßnahmen nicht erteilt werden, bereits erteilte Genehmigungen sind aufgrund der Rechtswidrigkeit umgehend zurückzuziehen.

Der unverzügliche Projektabbruch ist vernünftigerweise geboten.

 

mit freundlichen Grüßen

 

Anlagen:

  1. Dr. Christoph Engelhardt, Leistungfähigkeit lag nie vor, München 2012

  2. Prof. Dr. Wolfgang Hesse: Stuttgart: Nullknoten ist möglich; Betriebskonzepte und Integraler Taktfahrplan in der Diskussion, Eisenbahnrevue International, März 2011

  3. Bundestagsdrucksache 12-133-134, Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium an MdB Sabine Leidig